Einleitung
Mit Inkrafttreten der novellierten Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV) zum 1. August 2020 wurde mit § 18a FinVermV eine wichtige Neuerung eingeführt: Vermittler müssen telefonische und elektronische Beratungsgespräche aufzeichnen – nicht nur, wenn ein Vertragsabschluss erfolgt, sondern bereits bei jeder thematisch relevanten Kommunikation zu Finanzanlagen.
1. Weshalb existiert die Aufzeichnungspflicht?
Die Pflicht dient der Beweissicherung – im Interesse der Anleger, aber auch für den Vermittler selbst. Sie garantiert Transparenz bei Beratung oder Vermittlung, speziell hinsichtlich Risiken, Ertragschancen und Anlagegestaltung. Alle relevanten Inhalte müssen dokumentiert werden – und zwar auch dann, wenn kein Abschluss zustande kommt.
2. Was muss aufgezeichnet werden?
- Jedes Gespräch (telefonisch oder elektronisch), das Finanzanlagen betrifft
- Insbesondere Abschnitte über Dienstleistung, Risiken, Ertragsperspektiven oder die Struktur der Anlage müssen festgehalten werden.
- Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist erlaubt, sofern diese im direkten Zusammenhang mit der Beratung stehen.
3. Technische & organisatorische Anforderungen
Vermittler müssen angemessene technische und organisatorische Maßnahmen sicherstellen, um Aufzeichnungen zu ermöglichen – auch bei Nutzung privater Geräte. Diese dürfen nur verwendet werden, sofern der Gewerbetreibende dies erlaubt und die Aufzeichnungen danach gesichert bzw. übertragen werden können.
4. Information & Widerspruchsrecht
- Sowohl Anleger als auch Mitarbeitende müssen vorab über die Aufzeichnungspflicht informiert werden; eine einmalige Benachrichtigung genügt.
- Wird dies unterlassen oder widerspricht der Anleger, darf keine Beratung oder Vermittlung per Telefon bzw. elektronischer Kommunikation erfolgen.
5. Persönliche Gespräche – Dokumentation auf Datenträger
Wird der Auftrag in einem persönlichen Gespräch erteilt, muss dies mittels eines dauerhaften Datenträgers dokumentiert werden. Auch Protokolle oder Vermerke in Textform sind zulässig.
6. Sicherheit, Nutzung und Löschung der Aufzeichnungen
- Aufzeichnungen müssen gegen Manipulation und unbefugte Nutzung geschützt sein und dürfen ausschließlich zum im Gesetz genannten Zweck verwendet werden – etwa nicht zur internen Überwachung von Mitarbeitenden.
- Eine Nutzung ist nur erlaubt:
1. zur Auftragserfüllung durch benannte Mitarbeitende
2. zur behördlichen Überwachung
3. durch Prüfer im Rahmen § 24 FinVermV
4. oder durch Strafverfolgungsbehörden.
7. Verbraucherrechte & Aufbewahrungsfrist
- Anleger können jederzeit bis zum Ende der gesetzlich vorgeschriebenen Aufbewahrungsfrist eine Kopie der Aufzeichnungen verlangen.
- Die Aufzeichnungen müssen dann gelöscht oder vernichtet werden – und das dokumentiert.
- Die Aufbewahrungsfrist beträgt 10 Jahre (§ 23 FinVermV) und beginnt mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem der letzte relevante Vorgang stattfand.
8. EU-Rechtlicher Rahmen
§ 18a verweist auf die Delegierte Verordnung (EU) 2017/565, insbesondere auf Art. 76 Absätze 1, 3 bis 11. Diese verankern zusätzliche Aufzeichnungsanforderungen, die entsprechend umzusetzen sind.
Fazit – Warum § 18a FinVermV wichtig ist
§ 18a FinVermV sichert Transparenz und Rechtssicherheit im Vermittlungsprozess. Vermittler müssen relevante Kommunikation vollständig dokumentieren, technische Vorkehrungen treffen und dafür sorgen, dass Aufzeichnungen korrekt gesichert und nur zulässigen Zwecken zugeführt werden. Für den Anleger bedeutet dies höhere Transparenz, für den Vermittler gesicherte Nachweise im Zweifel. Die sorgfältige Umsetzung reduziert Haftungsrisiken – und stärkt das Vertrauen in die Beratung.
Häufig gestellte Fragen zu den gewerberechtlichen Pflichten nach § 18a FinVermV:
ℹ️ Klicken Sie auf eine Frage, um die Antwort zu öffnen:
➕ Wann besteht eine Aufzeichnungspflicht nach § 18a FinVermV?
Die Pflicht zur Aufzeichnung gilt, sobald Telefongespräche oder sonstige elektronische Kommunikation die Vermittlung oder Beratung zu Finanzanlagen betreffen – insbesondere zu Themen wie Dienstleistung, Risiken, Ertragschancen oder Gestaltung der Anlage. Die Pflicht gilt auch, wenn kein Vertrag zustande kommt. Prozess prüfen lassen.
➕ Welche Inhalte müssen besonders aufgezeichnet werden?
Pflicht ist insbesondere, die Teile der Kommunikation aufzuzeichnen, in denen es um die angebotene Dienstleistung, Risiken, Ertragschancen oder die konkrete Ausgestaltung der Finanzanlage oder Anlagegattung geht. Details abstimmen.
➕ Welche technischen und organisatorischen Voraussetzungen müssen erfüllt sein?
Der Gewerbetreibende muss sicherstellen, dass technik- und organisationsseitig alles möglich ist, um die Kommunikation aufzuzeichnen – auch auf Arbeitsgeräten der Beschäftigten. Private Geräte sind nur erlaubt, wenn der Gewerbetreibende zustimmt und die Aufzeichnung auf eigene Speichermedien überträgt. Technische Lösung prüfen.
➕ Wie müssen Anleger und Beschäftigte informiert werden?
Sowohl Anleger als auch Beschäftigte müssen einmalig vor dem ersten Gespräch über die Aufzeichnungspflicht informiert werden. Ohne Information oder bei Widerspruch darf keine telefonische oder elektronische Beratung erfolgen. Kommunikation absichern.
➕ Was ist bei persönlichen Beratungsgesprächen zu beachten?
Wird der Auftrag im persönlichen Gespräch erteilt, muss dies auf einem dauerhaften Datenträger dokumentiert werden. Protokolle oder Textvermerke sind dafür ebenso zulässig. Dokumentationsablauf optimieren.
➕ Wie sind Aufzeichnungen zeitlich zu sichern und wer darf sie nutzen?
Aufzeichnungen müssen gegen Manipulation und unbefugte Nutzung gesichert sein und dürfen nur für Zwecke der Auftragserfüllung, behördlicher Überwachung, Prüfungen oder Strafverfolgung genutzt werden. Der Anleger kann jederzeit bis zum Ende der Aufbewahrungsfrist (§ 23 FinVermV) eine Kopie verlangen. Sicherheits- & Zugriffsregeln abstimmen.
➕ Wie lange sind die Aufzeichnungen aufzubewahren und was passiert danach?
Aufzeichnungen können vom Anleger bis zum Ende der Aufbewahrungsfrist gemäß § 23 FinVermV angefordert werden. Danach sind sie zu löschen oder zu vernichten – und dieser Vorgang muss dokumentiert werden. Aufbewahrungs-Workflow optimieren.
➕ Welche EU-Regelung ist zu beachten?
Aufzeichnungspflichten sind auch nach Art. 76 Abs. 1, 3–11 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 umzusetzen – etwa zu Form, Dauer, Zugang oder Integrität der Aufzeichnungen. EU-Compliance abgleichen.
Wortlaut des § 18a FinVermV:
(2) Der Gewerbetreibende hat sicherzustellen, dass alle angemessenen technischen und organisatorischen Maßnahmen ergriffen werden, um Telefongespräche und sonstige elektronische Kommunikation im Sinne des Absatzes 1 aufzuzeichnen. Dies gilt auch für Geräte, die der Gewerbetreibende seinen Beschäftigten zur Verfügung stellt. Nach Absatz 1 aufzeichnungspflichtige Telefongespräche und sonstige elektronische Kommunikation dürfen über private Geräte oder sonstige private elektronische Kommunikationsmittel der Beschäftigten nur geführt werden, wenn der Gewerbetreibende deren Benutzung gestattet hat und er die Aufzeichnungen mit Zustimmung der Beschäftigten anfertigen oder nach Abschluss des Gesprächs auf einen eigenen Datenspeicher kopieren kann.
(3) Der Gewerbetreibende hat den Anleger sowie seine Beschäftigten vorab in geeigneter Weise über die Aufzeichnung von Telefongesprächen und sonstiger elektronischer Kommunikation nach Absatz 1 zu informieren, wobei eine einmalige Information vor der erstmaligen Durchführung von Telefongesprächen oder sonstiger elektronischer Kommunikation ausreichend ist. Hat der Gewerbetreibende den Anleger nicht vorab über die Aufzeichnung informiert oder hat der Anleger der Aufzeichnung widersprochen, darf der Gewerbetreibende keine telefonische oder mittels sonstiger elektronischer Kommunikation veranlasste Anlagevermittlung oder Anlageberatung erbringen.
(4) Sofern der Anleger seinen Auftrag im Rahmen eines persönlichen Gesprächs erteilt, hat der Gewerbetreibende dies mittels eines dauerhaften Datenträgers zu dokumentieren. Zu diesem Zweck dürfen auch Protokolle und Vermerke in Textform über den Inhalt des persönlichen Gesprächs angefertigt werden.
(5) Die Aufzeichnungen sind gegen nachträgliche Verfälschung und unbefugte Verwendung zu sichern und dürfen nicht für andere Zwecke als den in Absatz 1 Satz 1 genannten Zweck genutzt werden, insbesondere nicht zur Überwachung der Beschäftigten durch den Gewerbetreibenden. Eine Auswertung der Aufzeichnungen darf darüber hinaus nur erfolgen
1.
zur Erfüllung eines Auftrages des Anlegers durch einen oder mehrere vom Gewerbetreibenden zu benennende Beschäftigte,
2.
zum Zweck der Überwachung des Gewerbetreibenden durch die zuständige Stelle oder deren Beauftragte,
3.
durch einen Prüfer nach § 24 Absatz 1 Satz 1 im Rahmen seiner Zuständigkeit oder
4.
durch eine Strafverfolgungsbehörde.
(6) Der Anleger kann von dem Gewerbetreibenden bis zum Ablauf der Aufbewahrungsfrist nach § 23 jederzeit verlangen, dass ihm eine Kopie der Aufzeichnungen nach den Absätzen 1 und 4 zur Verfügung gestellt wird. Die Aufzeichnungen sind nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist nach § 23 zu löschen oder zu vernichten. Die Löschung oder Vernichtung ist zu dokumentieren.
(7) Hinsichtlich der Anforderungen an die Aufzeichnungspflicht ist Artikel 76 Absatz 1, 3 bis 11 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565 der Kommission entsprechend anzuwenden.
